Die GSMTechnik-Ecke

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  1. Vorwort
  2. Die GSM-Systemarchitektur
  3. Die Funkschnittstelle
    1. allgemeines
    2. Kanalstruktur, Datenübertragung
    3. Sprachcodierung
    4. Modulationstechnik: GMSK
    5. Sicherheitsaspekte
  4. to be continued...


"ISDN-UP ist in CCITT REC Q.761 - Q.766 (+ETSI Version: Q.767) beschrieben und wird im MF (GSM-System) auf der Schnittstelle zwischen MSC's sowie zwischen GMSC und ISDN (VE:N) implementiert."
-- aus einem Mobilfunkbuch

Vorwort

Schon während der Schulzeit und erst recht später im Laufe meines Studiums, meiner Zeit als Redakteur einer Computerzeitschrift und auch meiner jetztigen Tätigkeit durfte ich immer wieder dieselben vier unglückseligen Erfahrungen machen, die eines Tages vielleicht einmal als Rohrbacher'sches Technik-Korrelat Eingang in Murphys Gesetze finden werden:
  1. Gute Techniker sind miserable Autoren
  2. Gute Autoren sind miserable Techniker
  3. Trifft 1. und 2. nicht zu, so nur in der Form eines miserablen Autors und Technikers
  4. In den wenigen restlichen Ausnahmefällen ist das Ergebnis entweder hoffnungslos veraltet oder in Kyrillisch abgefaßt
Ich meine jetzt damit nicht jene stilistischen Notsignale aus den Abgründen asiatischer Handbuchkunst, die z.B. als Beipackzettel zu Armbanduhren getarnt Anschläge auf unseren Verstand verüben. (Wenn der "Fachübersetzer" solcher Firmen seine Deutschkenntnisse während eines zweiwöchigen Oktoberfestbesuchs gemacht hat, dann müssen sich solche Pamphlete eben nun mal zwangsläufig lesen, wie aus dem Nubischen ins Deutsche übersetzte Anleitungen chinesischer Kofferradios.)
Nein, so etwas ist letztlich nur eine einfache Lästigkeit und nichts, was man nicht letztlich durch geduldige wortgetreue Rückübersetzung ins Englische und anschließender Neuübersetzung doch noch enträtseln könnte.

Schlimmer wiegt m.E. der Umstand, daß es auch abseits solcher sprachlichen Kurzschlüsse erstaunlich schwierig ist, Bücher zu komplexen wissenschaftlichen Themen zu finden, die dem interessierten Leser auch ohne besondere Vorkenntnisse eine verständliche Einführung in die Thematik geben können.

Versuchen wir es demnach, ein wenig besser zu machen...



Die GSM-Systemarchitektur

Das GSM-Netz läßt sich am besten als ein hierarchisch gegliedertes System verschiedener Netzelemente verstehen: Am unteren Ende stehen zunächst die Mobiltelefone (MS für "Mobile Station"), die über Funk mit der nächstgelegenen Basisstation (BTS für "Base Tranceiver Station") kommunizieren.

Die Reichweite solcher Basisstationen liegt nominell bei bis zu 37.8km (GSM) Radius, fällt in der Praxis jedoch im Mittel deutlich geringer aus (durch geringere Sendeleistungen, Abschattungen, Reflexionen u.ä., durch das Gelände bedingte Ursachen, aber auch durchaus gewollt von den Netzbetreibern, da viele kleine Zellen in Ballungsgebieten mehr Teilnehmer versorgen können, als wenige große).
Rechnet man sich das einmal aus, so kommt man auf mehrere tausend Basisstationen (E-Plus spricht bspw. von 6000 BTSen für den E-Netzaufbau in Deutschland). Zur Lenkung und Kontrolle dieses Datenverkehrs werden die BTSe nun zunächst gebietsweise zusammengefaßt: Die zugehörigen übergeordneten Netzelemente heißen denn auch "Base Station Controller" (BSC). Über Ihnen stehen dann nochmals eine handvoll Mobilvermittlungseinrichtungen, neudeutsch: "Mobile Switching Centers" (MSC), über die u.a. auch der Übergang in andere (in- oder ausländische) Telefonnetze erfolgt:


Bild: GSM Hierarchie

Wie man der Skizze entnimmt, trägt jede der Schnittstellen zwischen den einzelnen Netzelemententypen einen eigenen Namen:

Dabei ist die genaue physikalische Ausprägung der beiden letztgenannten Verbindungen von untergeordneter Bedeutung: Je nach Standort kann dies per Richtfunk, öffentlichen (Telekom-)Mietleitungen oder direkten Kabelanbindungen erfolgen. Für die Netzbetreiber ist dies (aufgrund der Mietleitungskosten unserer allseit beliebten Telekom...) sehr wichtig, für unsere weiteren technischen Betrachtungen dagegen überhaupt nicht.

Betrachtet man das ganze System aus dem Blickwinkel der logischen Aufgabenverteilung, so ergibt sich eine Dreiteilung:

Das Radio-Subsystem (RSS)
Alle Netzelemente bis hinauf zur Vermittlungsstelle: Handy (MS) + Basisstation (BTS) + Basisstationkontrolleinheit (BSC). Hier findet sich die eigentliche "Funktechnik" wieder. Da das Handy (zumindest aus Sicht der Netzbetreiber) eigentlich nur ein Anhängsel darstellt, spricht man von BSC und zugehörigen BTSen zusammen oft auch als "Base Station Subsystem" (BSS).
Das Network Switching Subsystem (NSS)
Wie der Name schon andeutet, ist hiermit die Vermittlungstechnik gemeint. Das NSS umfaßt damit die Netzelemente und Technik ab (und zwischen) der/den MSC. Wie im Bild oben angedeutet, sind der MSC hierzu einige zusätzliche Datenbanken zugeordnet (HLR, VLR, AUC, EIC,...), auf deren genaue Funktion wir später noch zurückkommen werden.
Das Operation and Maintenance Subsystem (OMS)
Dieses Betriebs- und Wartungssystem ist neben die oben aufgezählte Netzelementhierarchie gestellt -logisch, denn es müssen ja alle Netzelemente überwacht werden. Die Überwachungsmaßnahmen selbst werden durch die "Operation and Maintenance Centers" (OMC) -typischerweise bei den MSCen angesiedelt- ferngesteuert.


Die Datenbanken

Um die anfallenden Vermittlungs- und Verwaltungsaufgaben bewältigen zu können, werden eine Reihe von Datenbanken benötigt. Meist sind sie auf der MSC-Ebene angesiedelt (was auch Sinn macht, wenn man bedenkt, daß die MSC ja gerade die Vermittlungsaufgaben wahrnehmen).
Im einzelnen sind dies:

Wie spielen diese Datenbanken nun zusammen? -Angenommen, ein Handybesitzer schaltet sein Mobiltelefon ein, um ein Gespräch zu initiieren. Dann meldet sich das Gerät zunächst mit der aus der SIM-Karte stammenden Teilnehmerdaten und dem aus dem Gerät ausgelesenen Gerätedaten bei der nächsten Basisstation an, die die Daten an "sein" MSC weiterleitet.
Diese schickt die Daten weiter an die zuständige MSC, in deren zugeordnetem HLR die SIM-Karte registriert ist und fordert eine entsprechende Authentisierung der Daten an. Mit den Daten des AUC und EIR wird dann die Erlaubnis zur Teilnahme des Users am Mobilnetz überprüft. Anschließend wird im HLR/VLR die Position und der Status des Teilnehmers als eingebucht vermerkt.
Bei einem Verbindungswunsch wird anhand der gewählten Rufnummer die zuständige MSC ermittelt, in deren HLR der Teilnehmer registriert ist. Da dort gespeichert ist, wo sich der Teilnehmer gerade aufhält (bzw. ob er momentan überhaupt im Netz erreichbar ist), läßt sich der Anruf nun an das MSC weiterleiten, in dessen Zuständigkeitsbereich der Teilnehmer momentan ist. Dieses lenkt über das näheste BSS den Anruf zum Handy des gewünschten Teilnehmers. Auch dessen Handy muß sich nun zunächst gegenüber dem MSC als das "richtige" authentisieren. Erst danach kann das eigentliche Gespräch beginnen.
Wechselt der mobile Teilnehmer während des Gesprächs in den Zuständigkeit eines anderen BSS, so wird die Verbindung vom nächsten BSS übernommen (Handover). Unter Umständen wechselt damit auch die zuständige MSC: In dem Fall werden die HLR/VLR-Daten entsprechend aktualisiert.



Die Funkschnittstelle

allgemeines

Die Funkschnittstelle (auch: RadioPath oder Um-Schnittstelle) im GSM unterscheidet zwischen zwei Funkrichtungen: Je nachdem, ob der Funkweg vom Handy zur Basisstation oder die umgekehrte Richtung gemeint ist, spricht man von Uplink bzw. Downlink.
Jeder Funkkanal besteht nunmehr aus einem solchen Uplink- und Downlinkpaar, wobei der Abstand zwischen Up- und Downlinkfrequenz immer identisch ist (sog. Duplexabstand, im GSM 45 MHz kHz).
Insgesamt gibt es 124 solcher Funkkanäle, wobei zwischen zwei benachbarten Kanälen jeweils ein sog. Kanalabstand von 0.2 MHz eingehalten wird. Der erste Kanal beginnt bei 890.2 MHz (uplink) bzw. 890.2+45 = 935.2 MHz (downlink), womit sich die einzelnen Frequenzen der 124 Kanäle nun leicht berechnen lassen:

(i im Bereich [1..124]):
FDMA-Prinzip

In DCS1800-Netzen ist dies vom Prinzip her nicht viel anders, nur daß...

(i im Bereich [1..374])

Die Übertragung von Gesprächen geschieht also bei beiden Systemen auf mehreren Frequenzen gleichzeitig -ein simples Frequenzmultiplex-Verfahren mit dem Namen Frequency Division Multiple Access, kurz: FDMA.

Jeder dieser Frequenzträger wird nun aber noch weiter in 8 sogenannte "Zeitschlitze" (time slots) unterteilt -hierdurch entstehen also acht physikalische Kanäle; das zugehörige Verfahren, die Frequenzträger entsprechend zu zerschnippeln, nennt sich Time Division Multiple Access (TDMA):


TDMA-Prinzip

Kanalstruktur, Datenübertragung

Eine Abfolge von 8 Timeslots heißt auch TDMA-Rahmen (oder einfach "Frame") und dauert 4,615ms; ein Zeitschlitz somit 4,615/8 = 0,576875ms. Die in diesem Zeitintervall übertragenen Daten bezeichnet man als Burst, im GSM sind es 156,25 Bit (1 Bit = 3,692 Mikrosekunden).


Burst

Damit gelangen wir allmählich wieder auf halbwegs festen Computerboden, denn letztlich sind diese "Bursts" nichts anderes, als Datenblöcke in einem Computernetz: Bitpakete einer festen Größe mit bestimmten Formaten.
GSM kennt ihrer fünf Arten:

Normal Burst
Der eigentliche "Packesel" im Netz: Mit ihm werden die Nutzdaten des Gesprächs transportiert. 114 der 156.25 Bits sind dabei echte Daten, der Rest geht für die Verwaltung darauf (fast wie im richtigen Leben...)
Frequenzkorrektur-Burst
Eine 142 Bit lange Datensequenz aus lauter Nullen: Durch die Demodulationsstufen der Mobilstation gewurstet ergibt dies nämlich ein unmoduliertes Trägersignal (=Sinus), mit dem sich die Mobilstation abgleichen kann
Synchronisations-Burst
Er dient zur Zeitsynchronisation des Handys und enthält dazu im wesentlichen eine lange Trainingssequenz
Access-Burst
Nein, das ist kein Wutausbruch eines frustrierten MicroSoft-Datenbankprogrammierers, sondern ein Datenpaket für den wahlfreien Zugriff des Handys.
Dummy-Burst
Ein Lückenfüller, der dann gesendet wird, wenn keine Nutzdaten zum Senden da sind

So, tief durchatmen und gedanklich einen Schritt Abstand gewinnen: Man muß sich jetzt zunächst einmal klar darüber werden, daß mit diesem Schema bisher nur der physikalische Aspekt des Datentransportes beschrieben ist: Man spricht deshalb auch von physikalischen Kanälen.
Löst man sich von dieser Betrachtungsweise und sieht die Datenübertragung eher informationsbezogen, so kommt man zu den 11 logischen Kanälen:

Muß man die genauen Funktionen dieser logischen Kanäle, deren recht vertracktes Zusammenspiel und ihre Abbildung auf die darunterliegenden physikalischen Kanäle kennen? -Nein (höchstens man arbeitet für einen der Systemhersteller, im GSM-Normungsausschuß oder bewirbt sich für ein Ratequiz a la "Großer Preis" mit Spezialgebiet GSM-Technik im Fernsehen...)
Egal, ich will das jetzt auch noch wissen!

Wichtiger ist stattdessen wieder einmal, das Prinzip zu verstehen:
Ein Traffic Channel (TCH) stellt bspw. die Bandbreite zur Verfügung, die benötigt wird, um ein Gespräch zu übertragen. Momentan entspricht dies (bei einem Full rate channel) einer Datentransferrate von 13kbps. Entsprechend viele Timeslots sind dafür irgendwie reserviert worden -Punkt!


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Kai Rohrbacher kairo@maya.inka.de
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